Zusammenreißen, Schmerz wegdrücken und weitermachen – diese Strategie im Umgang mit Nackenschlägen rächt sich früher oder später. Mentaltrainerin Gabriela Friedrich erklärt, warum dies so ist und
gibt Tipps, wie Sie es besser machen. Denn Selbstmitgefühl lohnt sich.
Frank S. wunderte sich. Warum ging es mit seiner neuen Firma einfach nicht voran, obwohl er sich so abstrampelte? Und warum geriet er immer wieder an unzuverlässige, illoyale Mitarbeiter? Nach
der Pleite seines letzten Unternehmens und dem zeitgleichen Zerbrechen seiner Ehe hatte er die Zähne zusammen gebissen und sich direkt an den Aufbau einer neuen Existenz gemacht, denn Aufgeben
kam für ihn nicht infrage. Er war fachlich wirklich gut, verfügte über die richtigen Branchenkontakte und hatte aus den betriebswirtschaftlichen Fehlern der Vergangenheit gelernt. Was also war
es, das seinen Erfolg verhinderte?
Verdrängte Emotionen sind machtvoll!
Die Antwort erhielt er wenig später in unserem Telefoncoaching. Sie lautete: Fehlendes Selbstmitgefühl! Er hatte versäumt, sich all den Emotionen zu stellen und sie bewusst zu verarbeiten, die solch ein geplatzter Traum bei ihm zwangsläufig ausgelöst hatte:
- Enttäuschung und Trauer
- Scham, weil er gescheitert war
- hilflose Wut
- Schuldgefühle gegenüber seinen früheren großartigen Mitarbeitern, denen er hatte kündigen müssen
- Selbstkritik und Selbstvorwürfe
- Angst vor der Zukunft und vor einem erneuten Scheitern
Frauen fällt es aufgrund ihrer Erziehung in der Regel leichter, sich derartige Gefühle zuzugestehen. Doch wer in der Kindheit zu Härte erzogen wurde – Sätze wie „ein Indianer kennt keinen
Schmerz“ oder „Jungen weinen nicht“ waren lange Usus in der Erziehung –, könnte den Zugang zu seinem Innersten eingebüßt haben. Das Problem dabei: Was wir nicht mehr wahrnehmen können, ist
deshalb nicht weg. Es ist lediglich unterdrückt und wirkt sozusagen im Untergrund. Konkret heißt das, die verdrängten und deshalb unverarbeiteten Gefühle steuern ganz subtil Verhalten,
Entscheidungen und Erwartungshaltung.
Beispielsweise hatten die Schuldgefühle von Frank S. gegenüber seinen früheren loyalen und guten Mitarbeitern bewirkt, dass er jetzt unbewusst nur noch schlechte Leute engagierte. Natürlich war ihm nicht klar, dass er sich kein tolles Personal mehr gönnte und stattdessen dafür büßte, die alte Crew mit der Kündigung enttäuscht zu haben. Er ärgerte sich einfach nur darüber, wieder und wieder an Heiopeis zu geraten.
Wie stark uneingestandene negative Gefühle die Ausstrahlung, das Energieniveau und die Motivation beeinflussen, stellte Miriam K., Inhaberin einer Firma für Immobilienberatung, fest. Sie hatte
sich gerade eine zweimonatige Auszeit in Dänemark gegönnt, war jedoch weder erholt noch fühlte sie sich motiviert, wieder an die Arbeit zu gehen. Die Hintergründe verstand sie erst, als wir
gemeinsam analysierten, was vor dem Urlaub geschehen war: Miriam K. hatte mir einige Monate zuvor vibrierend vor Enthusiasmus und Freude von ihren neuen Geschäftspartnern berichtet. Wundervolle
Menschen, von denen sie sich rundum geschätzt und verstanden fühlte und mit denen die Zusammenarbeit leicht und mühelos gelang. Endlich hatte sie den Eindruck gehabt, in einer Traum-Konstellation
angekommen und rundum glücklich zu sein. Doch in der Zwischenzeit waren einige Projekte abgesagt und die Team-Zusammensetzung geändert worden. Zu den aktuellen Partnern fand sie keinen Draht. Das
Ergebnis: Tiefe Enttäuschung über den geplatzten Traum, Groll gegenüber den verschwundenen Lieblingskollegen und auch gegenüber den neuen Team-Partnern sowie ganz viel Frust. Als toughe
Geschäftsfrau hatte sie all dies aber ignoriert und lieber an der Ostsee Urlaub gemacht.
Raus aus dem Schmerz mit Selbstmitgefühl
Wie gelang es mir, Frank S. und Miriam K. von ihren Erfolgs- und Motivationsblockaden zu befreien? Und was können Sie selbst tun, wenn das Schicksal Sie gebeutelt hat?
Schritt 1: Der erste und entscheidende Schritt ist es, bereit zu sein, die Gefühle, die das Ereignis ausgelöst hat, tatsächlich wahr zu nehmen. Wer sich selbst noch nicht spürt,
kann dies auch über den Kopf versuchen. Stellen Sie sich einfach die Frage, was ein anderer Mensch in dieser Situation wohl empfinden würde. Dann wissen Sie schon einmal, wonach Sie in Ihrem
Innersten suchen müssen. Bitte sagen Sie sich dabei auch, dass es völlig normal und okay ist, in solch einem Kontext wütend, zutiefst enttäuscht, verzweifelt, hoffnungslos oder voller
Selbstvorwürfe zu sein. All diese Gefühle zeigen nur, dass Sie psychisch gesund sind – besorgniserregend wäre es, wenn Sie nicht so empfinden würden.
Schritt 2: Dann fühlen sie all diese Emotionen. Gehen Sie hinein, spüren Sie sie im Herzen und im Körper und seien Sie sich dabei selbst ein mitfühlender Freund. Jemand, der liebevoll sagt: „Ja, ich kann gut verstehen, dass Du jetzt zutiefst traurig bist. Du trägst da immerhin etwas zu Grabe, was Dir wirklich wichtig war und in das Du große Hoffnungen gesetzt hast. Ich trauere mit Dir.“ Sie werden merken, wie lange diese Phase des „Ja“ zu den schmerzhaften Gefühlen für Sie sein muss, bis Sie den nächsten Schritt tun können.
Schritt 3: Im dritten Schritt erlauben Sie sich, obwohl dieses Scheitern oder dieser Verrat wirklich übel war, die schmerzhaften Gefühle peu à peu loszulassen und frei davon zu sein.
Schritt 4: Im professionellen Coaching mit meiner Mentaltechnik (S)HE – (Self) Hypno-Empowerment suggeriere ich an dieser Stelle dem Unterbewusstsein des Klienten, die
schmerzvollen Gefühle durch positive zu ersetzen, also beispielsweise Trauer oder Wut zu ersetzen durch inneren Frieden. Doch auch ohne dieses hilfreiche Tool können Sie sich für eine neue,
positive Haltung zum Geschehen entscheiden.
Schritt 5: Was immer Sie erlebt haben – die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass Sie jemandem grollen. Anderen Beteiligten, sich selbst oder auch einfach allen. Dieser Groll bindet
Energie in Ihrem System, die Sie viel besser für Ihr Business gebrauchen können. Wenn Sie wollen, dass Ihnen diese Energie wieder zur Verfügung steht, vergeben Sie. Ganz bewusst und aufrichtig.
Vergeben Sie sich selbst, wenn Sie Fehler gemacht, etwas übersehen oder jemandem irrtümlich vertraut haben. All das ist menschlich, Sie dürfen aufhören, sich das vorzuwerfen. Und vergeben Sie den
Menschen, die vielleicht für das Scheitern Ihres Projektes oder Ihrer Unternehmung mitverantwortlich sind. Um es Ihnen einfacher zu machen: Wenn Sie vergeben, heißt das nicht, dass das, was da
passiert ist, nicht schlimm war. Es heißt auch nicht, dass der andere kein böser Mensch ist (die gibt es schließlich). Es heißt nur, dass Sie Ihre Wut und Ihren Groll loslassen, statt weiterhin
energetisch an diesen Menschen gekettet zu sein.
Frank S. ist übrigens längst wieder beruflich erfolgreich und in zweiter Ehe glücklich verheiratet. Und Miriam K.s Arbeitslust ist auch zurückgekehrt, seit sie die menschliche Enttäuschung der Team-Umstellung verarbeitet hat. Sie sehen: Bewusst mit den dunklen Momenten des Unternehmerdaseins umzugehen, zahlt sich aus.