So sehr sich Julia und Marco auch lieben – sie können nicht aufhören zu streiten. Anlässe dafür gibt es genug: Julia regt sich darüber auf, dass Marco seine schmutzigen Socken im Schlafzimmer verstreut, obwohl sie ihn schon unzählige Male gebeten hat, sie in den
Wäschekorb zu werfen, und Marco explodiert vor Eifersucht, wenn Julia mal wieder stundenlang mit ihren Freundinnen telefoniert. Um ihre heftigen Auseinandersetzungen in den Griff zu bekommen, haben beide schon mehrere Kommunikationsmodelle
ausprobiert, die helfen sollen, einander im Konfliktfall besser zu verstehen. Vergeblich. Wenn ihr Blut kocht, wollen ihnen die mehrstufigen Abläufe partout nicht mehr einfallen. Was tun?
Wenn Sie wie Julia und Marco zu den Paaren gehören, die sich in ständigen Konflikten und Kämpfen aufreiben, suchen Sie doch einmal Denkanstöße und Lösungen außerhalb der gewohnten Pfade. Sprechen
Sie mit Ihrem britischen Nachbarn, der alte Dame im Park, die seit 50 Jahren glücklich verheiratet ist, oder mit einem EFT-Coach.
Gelassenheit ist der Schlüssel
Ihr britischer Nachbar wird Sie vermutlich überrascht anschauen, Ihnen einen Tee anbieten und Ihnen etwas nahe bringen, was ich „Fuck it-Buddhismus“ getauft habe. Dahinter verbirgt sich die Eigenart vieler Briten, auf die Ärgernisse des Alltags mit einem ungerührten Achselzucken, begleitet von einem kurzen „Fuck it“ zu reagieren. Ja, diese Menschen weigern sich entschieden,
sich von Banalitäten wie Socken oder Telefonen aus der Ruhe bringen zu lassen. Sollte das Ereignis denn doch etwas belastender sein, machen sie darüber einen Witz und gehen dann wieder zum Tagesprogramm über. Sie praktizieren die Prinzipien buddhistischer Gleichmut und kombinieren sie mit englischem Humor. Für Deutsche, die daran gewöhnt sind, sich erstmal über alles aufzuregen und ausgiebig zu diskutieren, ist das ein ungewöhnliches, aber magenschleimhautschonendes Konzept, sofern man sich darauf einlassen mag. Man stelle sich einfach bei entsprechenden Anlässen die Frage: „Ist es diese Sache wirklich wert, sich aufzuregen und die Beziehung zu belasten?“ In den meisten Fällen wird die Antwort „nein“ lauten, und man kann das Ärgernis mit einem Achselzucken oder einem Scherz ad acta legen. Diese eine Frage kann bereits Wunder wirken, um die Atmosphäre einer Partnerschaft zu verbessern. Denn je friedlicher und entspannter das Miteinander, desto größer die beidseitige Bereitschaft zur Klärung wirklich schwerwiegender Konflikte.
Der weise Rat der Älteren
Auch die alte Dame im Park kann Ihnen wertvolle Denkanstöße für Ihre Beziehung geben. Möglicherweise empfiehlt Sie Ihnen eine Rückbesinnung auf Werte, die in unserer fordernden Gesellschaft an Stellenwert verloren haben, aber für eine funktionierende Partnerschaft unabdingbar sind: Liebenswürdigkeit, Toleranz, Achtsamkeit, Lob, Geduld und erwartungslose Fürsorglichkeit. All das nenne ich „Active Loving“, also aktiv gelebte Liebe. Auch bei der Umsetzung dieses Konzeptes hilft eine ganz simple Frage: „Ist das, was ich gerade tue oder sage wirklich liebevoll?“ Viele behaupten, Ihren Partner zu lieben, aber was ist ein Gefühl wert, wenn es
nicht zu dem entsprechenden Verhalten führt? Es kann auch sein, dass die alte Dame Sie erstaunt ansieht, wenn Sie von den Kämpfen mit dem Partner erzählen, und fragt: „Sprechen Sie von Ihrem Geliebten oder von einem Feind? Warum wollen Sie denn unbedingt streiten und Recht haben, statt nach Lösungen zu suchen?“
Lösung durch Expertenrat
Ja, warum fällt es vielfach so schwer, aus destruktiven Verhaltensweisen auszusteigen, obwohl der Kopf ganz genau weiß, wie falsch sie sind? Hier sorgt ein Gespräch mit einem EFT-Coach für Aufklärung. EFT (Emotional Freedom Techniques = Klopfakupressur ) ist eine
Methode der Energetischen Psychologie zur Auflösung emotionaler Blockaden. Sie wurde in den frühen neunziger Jahren von Gary Craig entwickelt und geht davon aus, dass der Grund aller emotionalen Probleme oder negativen Emotionen eine Blockade im
Energiefluss des Körpers ist, die durch ungelöste, negative Erlebnisse entstanden ist. Auch nur ähnliche äußere Signale oder Reize aktivieren die Blockaden und lösen die Symptome aus. Durch Klopfen der aus der chinesischen Medizin bekannten Akupunkturpunkte wird die Blockade aufgelöst und das Symptom beseitigt.
Übertragen auf die Beziehungsstreitereien heißt das, Julia und Marco reagieren möglicherweise deshalb so heftig auf das Verhalten des Partners, weil es unbewusst alte emotionale Wunden aufreißt, die nie wirklich geheilt sind. Als der EFT-Coach Julia aufforderte zu berichten, wie sie sich fühlt, wenn Marco trotz ihrer Aufforderung die Socken herumliegen lässt, sagte sie: „Ich fühle mich so klein und hilflos, was ich möchte, wird einfach überhört.“ Die Nachfrage, woher Julia dieses Gefühl kenne, führte sie zurück in ihre Kindheit, als ihre Mutter Julias Bitten ständig ignorierte. Diese schmerzvolle Erinnerung ließ sich mit wenigen Klopfdurchgängen vollständig auflösen, wodurch es nun zwischen Julia und Marco wirklich nur noch um Socken ging und nicht mehr um den Kampf des
verzweifelten Kindes, endlich mit seinen Wünschen Beachtung zu finden. Auch Marco schleppte emotionalen Ballast aus der Vergangenheit mit sich, der den Umgang mit Julias Telefonitis erschwerte: Bei ihm lag die Wurzel für seine heftigen Emotionen in einer früheren Partnerschaft: Seine damalige Freundin hatte ebenfalls stundenlang telefoniert, allerdings mit dem Mann, wegen
dem sie Marco letztlich verließ. Dadurch war für Marco das Telefonieren mit massiven Verlustängsten gekoppelt, die ihn aggressiv machten. Nach fünf Minuten EFT war er frei von diesen Belastungen, und der Gedanke an Julias ausgedehnte Telefonsessions ließ ihn kalt. EFT ist eine Methode, die auch gut zur Selbstanwendung geeignet ist, so dass man selbst bei der Lösung von Konflikten an der tieferen Ursache ansetzen und diese beseitigen kann.
erschienen 2007 bei Wellness Interactiv